Beim Piz Turettas - 2963 m





Heute Morgen stellen wir fest, dass der Himmel bedeckt ist und es regnet. Nichtsdestotrotz sind wir pünktlich um 07:30 Uhr im Frühstücksaal; natürlich sind auch andere Gruppen mit noch deutlich höherem Durchschnittsalter als in unserer Gruppe bei den Ersten am Frühstücksbuffet (der Fachausdruck für dieses Phänomen lautet gemäss Wikipedia «senile Bettflucht»). Das Hotel ist nicht ausgebucht, und so kommen wir gut aneinander vorbei. Wir geniessen das wie immer sehr feine Frühstück, machen uns selbst ein Sandwich für unterwegs (in der Hoffnung, dass wir diesmal genug Zeit zum Verzehr desselben haben), und lassen unsere Thermosflaschen vom Hotelpersonal mit frischem Tee füllen; der Hotel-Service ist wirklich überragend. Adrian hat sich am Vorabend über den Druck-Schmerz auf seinem linken grossen Zeh beklagt (was bei René unangenehme Erinnerungen weckt), und Emanuel nimmt wieder seinen Backofen in Betrieb, um die Situation zu verbessern.

Auch heute fahren wir um 08:15 Uhr los, wiederum in Richtung Ofenpass. In Santa Maria biegt Emanuel in Richtung Umbrail ab, denn er möchte wissen, ob die Barriere am Dorfausgang geschlossen ist. Dem ist so, auch wenn die Strasse nach der Barriere schwarz geräumt ist, und so kehren wir wieder um. Gemäss Emanuel gibt es weiter oben ein Plateau, und danach eine weitere Barriere. Irgendwo im Dorf kann man den Schlüssel zur ersten Barriere beziehen und bis zur zweiten Barriere fahren, von wo aus eine schöne Skitour möglich sein soll.

Wir fahren jedoch weiter nach Fuldera, wo wir den Bus auf einem Eisfeld … pardon, einem vereisten Parkplatz abstellen und uns zur Tour rüsten; dies ist gar nicht so einfach, und wir müssen uns konzentrieren, damit nicht bereits auf dem Eisfeld ein Unfall passiert. Es regnet immer noch, auch wenn wir immer wieder die Sonne durch die Nebeldecke sehen. Emanuel weist uns erneut darauf hin, dass wir die Flugzeuge nur hören können, wenn es keine geschlossene Wolkendecke gibt. Wir steigen durch den Wald hinauf in Richtung Alp Sadra, wo wir eine kurze Rast machen, bevor es weitergeht. Hier bemerken wir, dass uns ein älterer Schneeschuh-Wanderer folgt, welcher froh ist, dass wir bereits eine Spur gemacht haben, da er trotz der Schneeschuhe immer wieder tief einsinkt. Inzwischen ist der Regen in Schneefall übergegangen, obwohl es nicht wirklich kalt ist. Für den nächsten Abschnitt übernimmt Markus das Spuren; da er seine Brille nicht aufgesetzt hat, verpasst er die alte Skispur vom Vortag und muss eine eigene Spur durch den tiefen, schweren Nassschnee ziehen. Emanuel sieht dies und korrigiert seine Richtung, so dass wir alsbald wieder in der alten Spur sind. Da Markus seine Sachen ordnen muss, übernimmt Adrian das Spuren. Emanuel hat die Zeit von Markus Führung gestoppt und meint, dass diese eher kurz sei und Adrian diese schon überbieten müsse. Zudem ist er der Meinung, dass wir sofort umkehren werden, wenn der letzte bei der Führung das Handtuch wirft; glücklicherweise kommt es nicht so weit, denn Adrian ist durchaus fit. Wir folgen weiter der alten Spur vom Vortag, welche zwischendurch aufgrund des Schneefalls und der Schneeverwehungen nicht mehr sichtbar ist.

Auf der nächsten Ebene verlassen wir den lockeren Wald, und Emanuel übernimmt wieder die Führung. Immer wieder sehen wir, wie die Sonne blass durch die Nebeldecke scheint, und wir hören zwischendurch auch ab und zu ein Flugzeug. Es geht weiter hinauf durch den Pulverschnee, in dem wir zwischendurch tiefer einsinken, zwischen mächtigen Felsen hindurch, wobei Emanuel jederzeit eine schöne Spur zieht, gefolgt von René, welche sie dank seines Kampfgewichts richtig verfestigen kann. Der Wind bläst immer stärker, und auch der Schneefall nimmt zu. Emanuel findet zwischen grossen Felsbrocken einen geschützten Durchgang, wo sich die Damen für die Talfahrt umrüsten können; die Herren dürfen natürlich draussen dem Wetter trotzen.

Nachdem alle abfahrtbereit sind, geht es wieder in Richtung Parkplatz. Die Fahrt führt zuerst durch schönen Pulverschnee zwischen Felsen und Sträuchern hinunter bis zur zweiten Ebene, wo der Schnee schwerer wird. Und selbstverständlich findet Emanuel immer wieder herausfordernde Passagen durch den Wald, zwischen Bäumen und Sträuchern, so dass es niemandem langweilig wird. Bei der Alp Sadra machen wir kurz Halt, denn der Schnee ist inzwischen zu wirklich schwerem Nassschnee mutiert, und die Skier laufen nicht mehr so gut. Emanuel holt verschiedene Wachsstücke aus seinem Rucksack und präpariert die Skier der meisten Teilnehmenden, inkl. seine eigenen. Es kommen noch weitere Skitourengeher hoch, jedoch aus einer anderen Richtung als wir selbst. Der Schneeschuh-Wanderer ist inzwischen auch wieder bei uns und frägt, wie er denn ins Tal hinunterkomme. Emanuel versucht, ihm den Weg zu erklären, hat jedoch wenig Erfolg damit, denn der Wanderer irrt recht ziellos auf dem Plateau umher. René erbarmt sich und gibt ihm exakte Anweisungen, so dass er in der richtigen Spur talwärts schreitet. Auch wir fahren weiter hinunter, wenn auch nicht besonders begeistert in diesem schweren Schnee. Schlussendlich schaffen wir es trotzdem, bei den Häusern anzukommen und unsere Skier abzuziehen. Da wir uns das restliche Stück Weg zum Bus erspart haben, holt Emanuel diesen ab und fährt zu uns hinüber, so dass wir nicht auf dem gefährlichen Untergrund zum Bus wandern müssen. Erleichtert verladen wir das gesamte Gepäck und fahren los in Richtung Taufers.

Heute sind wir etwas früher zurück im Hotel, und das ist auch gut so, denn Christine hat auf Anregung einiger Teilnehmenden eine Führung im Benediktinerinnenkloster St. Johann in Müstair organisiert, welche um 16:30 Uhr beginnt. Wir haben genügend Zeit, um uns zu stärken und zu erfrischen, so dass wir um 16:15 Uhr in Richtung Müstair abfahren können. Ungewohnterweise sitzt nicht Emanuel hinter dem Steuer, da er sich um die schwierige Planung des folgenden Tages kümmern muss, sondern René, welcher aber den Bus ohne Beschädigung durch die engen Gassen fahren kann (und es wird auch keinem Fahrgast schlecht …). Markus und Adrian bleiben im Hotel, so dass wir zu fünft im Koster eintreffen. Insgesamt nehmen an dieser Führung jedoch fast 30 Personen teil, so dass 2 Gruppen gebildet werden, welche von 2 Frauen äusserst kompetent durch den Museums-Teil des Klosters geführt werden. Der Museumsteil des Klosters ist nicht beheizt, so dass es entsprechend kalt ist und wir froh sind, dass wir uns entsprechend angezogen haben. Kaum zu glauben, unter welchen Bedingungen zuerst die Mönche und später die Nonnen hier gelebt haben. Übrigens wurde das Kloster St. Johann 1983 in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten aufgenommen. Im Klosterladen werden noch einige Sachen (z.B. exzellente Engadiner Nusstorten) eingekauft, bevor es wieder zurück ins Hotel geht.

Auch heute erwartet uns ein sehr feines Nachtessen - leider bereits das Letzte in dieser Woche. Wir geniessen dieses, bevor wir auf unsere Zimmer gehen und noch das eine oder andere für den kommenden Tag vorbereiten.