1. und 2. Sella-Turm


Die Wetterprognosen für heute sind gut. Die Nebelschwaden haben sich verzogen. „Dank“ dem abgedeckten Himmel sind die Temperaturen jedoch unter den Gefrierpunkt gefallen. Pünktlich um 07:30 Uhr sind wir beim Frühstück, und um 08:20 Uhr fahren wir los in Richtung Sella Pass, wo wir wiederum auf Erwin treffen. Nach einem Kaffee auf der Passhöhe gehen wir in 2 Gruppen los: Erwin mit Brigitta und René zum Einstieg der schwierigeren Kletterroute des 1. Sella Turms, Emanuel mit Armin, Margrit und Ursula in Richtung der einfacheren Kletterroute des 1. Sella Turms.


1. und 2. Sella Turm (Beitrag von René)

Erwin schreitet zügig voran, und alsbald erreichen wir den Einstieg. Beim hochschauen fragen wir uns, wie man da hinaufklettern kann. Die Schlüsselstellen sind von unten her gut sichtbar und treiben den Schweiss auf die Stirne. Trotzdem steigen wir nach dem Umrüsten in die Wand auf der Trenker Route ein. Erwin meistert die Schlüsselstellen elegant und mühelos, Brigitta und René mit Anstrengung und Schweiss. Zwischendurch montiert Erwin Express; entweder an Ringen, Bandschlingen oder Friends. René darf dann alles Material wieder einsammeln. Nach etlichen Seillängen erreichen wir das Plateau auf dem 1. Sella Turm, wo wir kurz rasten und uns stärken. Anschliessend geht es über eine Krete zum Einstieg in den 2. Sella Turm, wo die Route etwas weniger anspruchsvoll ist, jedoch auch in einem Riss / einer Verschneidung verläuft. Trotz der steilen Wand ist diese Route sehr schön, aber auch anspruchsvoll und herausfordernd. Beim letzten Stand hat Erwin etwas improvisiert und Bandschlingen sowie Friends eingesetzt; trotz 5 Minuten üben hat René den letzten Friend nicht mehr aus dem Felsen gebracht. Nach rund 3¼ Stunden erreichen wir den Gipfel des 2. Sella Turms, wo wir die herrliche Aussicht geniessen und die vielen Gleitschirm-Flieger betrachten, welche an diesem sehr schönen Tag unterwegs sind. Hier verpflegen wir uns, wobei wir das karge Mahl mit den vielen Bergdohlen teilen, welche mühelos und elegant durch die Lüfte schweben und uns, die wir schweissgebadet diesen Gipfel erklommen haben, heimlich auslachen. Und zwischendurch muss Erwin nochmals zum letzten Stand hinunterklettern und den Friend herausholen.

Nach der Rast nimmt uns Erwin ans kurze Seil, damit wir sicher absteigen können. Der schmale und steile, felsige Weg führt uns zu einer kurzen Abseil-Stelle, wo Erwin die beiden Begleiter hinunter lässt. Anschliessend geht es weiter auf dem oftmals kaum sichtbaren Weg, welcher teilweise auch kletternd bezwungen werden muss; Brigitta geht voraus, René folgt nach, Erwin bildet den Abschluss und sichert uns. Brigitta hat es eilig, René muss zwischendurch am Seil ziehen, insbesondere dann, wenn Brigitta eine schwierige Stelle bereits passiert hat und René noch mitten drin steckt. Gegen Ende des Weges gibt es eine weitere Abseilstelle, welche bereits von einem Guide mit einer jungen Frau als Gast belegt ist. Im sich Abseilen lassen ist diese noch nicht so geübt, es geht nicht so recht vorwärts; und nachdem Erwin Brigitta abgeseilt hat, wundert er sich, wieso sie sich immer noch am Seil festhält; es stellt sich jedoch heraus, dass das gar nicht Brigitta war, sondern die andere (sehr schick gekleidete) junge Dame. René darf sich zuletzt wiederum selbst abseilen.

Am Ende der Abseilstrecke führt der Weg bequem zurück zum Sella Pass. Erwin telefoniert noch mit Emanuel, ob er auf ihn warten soll, aber die zweite Gruppe ist relativ weit zurück. So gehen wir zurück zum Pass und fahren mit Erwin zu einem kleinen, aber feinen, gemütlichen Gasthaus unterhalb des Passes in Richtung Wolkenstein, welches nicht so von den Touristen überschwemmt ist. Hier stärken wir uns mit Radler, Schokoladenkuchen und Kaiserschmarren, und René kopiert die Fotos von Erwins Kamera auf sein Notebook.


1. Sella Turm (Beitrag von Ursula)

In gemütlichem Tempo steigen wir auf schmalem Weg zum Einstieg der Kletterroute. Dieses Mal findet Emanuel den richtigen Einstieg rascher und ohne Umwege; er hat aus der Dolomiten-Kletterwoche 2010 gelernt. Emanuel zeigt uns ein schmales Felsentor oberhalb des Wegs; hier musste sich die Gruppe damals durchzwängen. Schon bald können wir die Jacken ausziehen, die Sonne vermag die Felsen angenehm zu erwärmen. Emanuel nimmt uns 3 Kletterer an sein Seil, mit bequemen Abständen dazwischen. Er steigt voraus und motiviert uns durch Rufe oder durch ruckartiges Ziehen am Seil zum nachsteigen. Wir folgen ihm zügig bis zum berüchtigten, abgewetzten Kamin; damit wir uns nicht über Langeweile beklagen können, wählt der Bergführer nicht die einfachere, sondern diese schwierigere Route mit Kletterei im 4. Grad. Mittels Mini-Traxion hilft er uns bei der Bewältigung dieses Hindernisses. Das Bewusstsein, dass ein Ausrutscher auch die Kameraden mitleiden lassen würde, liess uns mit höchster Konzentration klettern. Weiter geht es etwas steiler mit abgenutzten speckigen Stellen. Aber der Höhepunkt folgt erst kurz vor dem Gipfel, wo wir eine sehr tiefe, rund 1 m breite Spalte überspringen und uns an der gegenüberliegenden Felswand festklammern müssen. Leicht nervös nähern wir uns dieser Spalte; aber mit psychologischer Unterstützung von Emanuel und dank guter Sicherung am Seil können wir alle den Abgrund überwinden und sicher den schmalen Sims vor der gegenüberliegenden Felswand erreichen. Trotz aller Hindernisse schaffen alle den Weg auf den Gipfel des 1. Sella Turms, wo wir uns (und auch die zahlreichen Bergdohlen, welche uns schon länger beobachtet haben) aus den Rucksäcken mit Sandwiches verpflegen. Wir geniessen die spektakuläre Aussicht auf die mächtigen Felspyramiden und in den tiefblauen, von Hängegleitern bevölkerten Himmel. In der Ferne glänzen die frischverschneiten Gletscher der Marmolata. Hoch über uns winken uns auch Erwin, Brigitta und René vom Gipfel des 2. Sella Turms aus zu. Ein schwieriges Stück Arbeit bedeutet dann der Abstieg über einen schmalen, sehr steilen und rutschigen Weg in fast unwegsamem Gelände zurück zum Zustiegsweg, wir dürfen nicht einmal das unterste Stück mittels Abseilen hinter uns bringen. Und zwischendurch haben wir auch noch den Weg aus den Augen verloren und müssen in entsprechend schwierigem Gelände über weite Strecken hinunterklettern; immer gesichert durch Emanuel. Immerhin können wir so auch noch ein Murmeltier fotografieren, welches vor seinem Bau, den es mit einem grossen Edelweiss geschmückt hat, liegt und die Sonnenstrahlen geniesst.


Auch die zweite Gruppe trifft bei uns im gemütlichen Gasthaus ein; angesichts der fortgeschrittenen Zeit bleiben sie jedoch beim Bus. Hier verabschieden wir uns auch wieder von Erwin, nicht ohne ihm ganz herzlich für seine Arbeit zu danken. Alsdann fahren wir weiter zum Hotel, wo wir an der Bar eine weitere wohlverdiente Stärkung geniessen. Da wir heute früher zurück im Hotel sind, gönnen sich alle eine kleine Auszeit in der Wellness-Oase (Türkisches Bad, Whirlpool im Freien, Sauna, Schwimmbecken, usw.), bevor wir wieder ein hervorragendes Nachtessen (und einen feinen Tropfen) geniessen. Der Autor findet erstmals in dieser Woche sogar etwas Zeit, um an seinem Reisebericht zu arbeiten, während die anderen im Wellness sind.