Kleiner Falzarego-Turm (Falzarego Pass)


Heute ist der Himmel noch nicht klar. Wir räumen unsere Zimmer auf und nehmen das ganze Gepäck mit ins Hotel Welponer. Pünktlich um 07:30 Uhr sind wir dort beim Frühstück, und um 08:15 Uhr fahren wir los; über den Sella Pass und den Passo Pordoi via Arabba und Cernadoi zum Falzarego Pass, wo wir uns mit Erwin verabredet haben, dem Bergführer aus Toblach, welcher uns immer wieder unterstützt. Erwin ist etwas erstaunt, aus welcher Richtung wir anfahren, aber Emanuel hat uns auch etwas von der Landschaft (d.h. von der Sella Runde) zeigen wollen, so dass wir im Hinweg nicht den kürzesten Weg genommen haben. Nach einem Kaffee auf der Passhöhe fahren wir mit dem Auto wenige Minuten in Richtung Cortina d’Ampezzo, wo wir die Autos auf einem Parkplatz bei einem Gasthaus abstellen. Hier waren Ursi und René bereits in der Dolomiten-Kletterwoche 2012, als Ausgangspunkt für den Klettersteig „Via Ferrata Col dei Bos“. Heute gehen wir zuerst auf demselben Weg, teilen uns dann in 2 Gruppen auf: Erwin mit Brigitta und René zum Einstieg des kleinen Falzarego-Turms, Emanuel mit Armin, Margrit und Ursula in Richtung Klettergarten am selben Turm.


Kleiner Falzarego-Turm (Beitrag von René)

Am Einstieg rüsten wir uns um: die bequemen Zustiegs-Schuhe müssen den Kletterfinken weichen, zudem montieren wir den Klettergurt und binden den Rucksack auf. So ausgerüstet steigen wir in die Wand ein, wobei Erwin vorausklettert und Brigitta und René an den Halbseilen nachnimmt. Erwin nimmt eine einfachere Route zum Aufwärmen, bevor er an einer Verzweigung auf die schwierigere Route umschwenkt. Einige Schlüsselstellen sind teilweise ausgesetzt und verlaufen in einem Kamin; sie erfordern den uneingeschränkten Einsatz des Gehirns, damit man unbeschadet und erfolgreich weiter kommt. Diese Route geht später der Kante entlang, und Emanuel kann vom Fuss des Turms aus schöne Fotos schiessen. Auf der einen Seite der Kante ist es ziemlich windstill und angenehm, aber sobald man die Seite wechselt, wird man vom Wind erfasst und gekühlt. Unterwegs überholen wir eine andere Seilschaft, welche deshalb wohl etwas frustriert war und uns erst auf Anweisung von Erwin passieren liess. Nach etlichen Seillängen und rund 2½ Stunden Klettern erreichen wir den Gipfel, geniessen die schöne Aussicht und stärken uns aus dem Rucksack.

Anschliessend klettern wir einige Meter nach unten zur Abseilstrecke. Erwin bindet die beiden 50m Halbseile zusammen, gibt Brigitta das Ende von René (welcher sich nach dem Einklinken der Nabelschnur vom Seil losgebunden hat) in die Hand und seilt sie rund 45m in die Tiefe ab. Anschliessend seilt sich Erwin ebenfalls ab, nicht ohne zuvor zu kontrollieren, ob sich René korrekt mit dem Abseilgerät angebunden hat. Zuletzt darf auch René in die Tiefe schweben; er geniesst das selbständige Abseilen und die überhängenden Partien. Anschliessend steigen alle zum Klettergarten hinunter, wo sie sich zu Emanuels Gruppe gesellen.


Klettergarten Falzarego Turm (Beitrag von Ursula)

Emanuel steigt mit Margrit, Ursula und Armin zum Klettergarten hoch. Dabei kommen sie an den Ruinen des ehemaligen Lazaretts aus dem 1. Weltkrieg vorbei, welches alle nachdenklich stimmt. Der Klettersteig nebenan ist gut besucht; bunt gekleidete Kletterer sind von unten bis oben wie auf einer Perlenschnur aufgereiht. Emanuel weist uns darauf hin, dass wir auf dem sehr schmalen, steilen, ausgesetzten und mit Geröll übersäten Weg die Füsse so achtsam setzen sollen, dass man kein auch noch so leises Scharren hören kann. Solche Geräusche bringen den Bergführer in Sekundenbruchteilen in Alarmbereitschaft. Im Klettergarten trainieren wir an verschiedenen längeren Routen im 4. Grad Kletter- und Seiltechnik.


Nachdem Brigitta und René ebenfalls hier angekommen sind, trainieren alle weiter. Brigitta und René bilden eine Seilschaft, Emanuel lässt Armin die Wand hochklettern. Erwin steigt mit Margrit und Ursula über mehrere Seillängen in Richtung Turmspitze empor; anschliessend dürfen sich die Damen selbst wieder abseilen. Und das Ganze nicht mit den Kletterfinken, sondern mit den Zustiegs-Schuhen resp. den Wanderschuhen, wobei dies erstaunlich gut funktioniert.

Nachdem alle genug geklettert sind, geht es über den anspruchsvollen Weg wieder hinunter zu den Autos. Auf dem Falzarego Pass gibt es noch die wohlverdienten Getränke (Radler, usw.); es besteht auch die Möglichkeit, sich im Touristen-Souvenir-Shop einzudecken, bevor es wieder in Richtung Hotel geht – dieses Mal auf dem kürzesten Weg, neben dem Hexenstein (siehe Reisebericht 2014) vorbei über den Passo Valpalora, via Corvara und über das Grödner Joch. Auf dem Grödner Joch bewundern wir noch den Piza Cuecena, welchen Ursi und René zusammen mit Emanuel während der Dolomiten-Kletterwoche 2010 bezwungen haben.

Zurück im Hotel können wir unsere sehr schönen Suiten beziehen, uns frisch machen und das feine Nachtessen geniessen. Dieses Mal gibt es für alle Hotelgäste einen Apéro und ein Gala Diner; z.B. Kastaniencreme-Suppe, Broccoli-Ravioli, Mango-Sorbet, Kalbshaxen auf Pastinaken-Püree *) und Gemüse sowie zum Dessert ein Brownie mit Himbeersorbet.

Das Hotel ist ein Familienbetrieb; die Senioren arbeiten ebenso aktiv mit wie die beiden Söhne, es ist sehr freundlich und familiär.


*) Pastinaken-Püree (Mashed parsnips) ist eine Beilage der englischen Küche mit typisch würzig-süsslichem Geschmack. Es wird vor allem zu gegrilltem oder gebratenem Fleisch serviert. Zur Zubereitung werden Pastinaken Wurzeln in Stücke geschnitten, in Fleischbrühe sehr weich gekocht, püriert, mit Salz, Pfeffer und Muskat gewürzt und mit Butter vollendet.