Die Sterne erlöschen am Morgenhimmel, und die Sonne geht über einem wolkenlosen Himmel auf. Heute sind wir früher dran, dieses Wetter motiviert. Flink gepackt, und schon sind wir unterwegs ins Jochtal, ein schmales Quertal zum Pustertal. Eng ist es hier, und wenig Platz bleibt am Rand der tiefen Schlucht für die Strasse. Tunnels und einige Kurven überwinden grosse Höhe. Überraschend weitet sich das Tal: das Dorf Vals liegt wie eine Perle in der Muschel vor uns. Der schlanke Kirchturm überragt die schneebeladenen Dächer der einfachen Holzhäuser. Der Wind bläst stark und treibt Schnee über die Strasse. Bald verengt sich das Tal erneut, und für uns beginnt der Fellmarsch. Eine Gruppe von italienischen Damen, welche mit ihrem Auto nach uns angekommen ist, verspürt starken Gipfeldrang; flink sind sie abmarschbereit und ziehen bereits vor uns zügig von dannen.
Glücklicherweise hat sich der starke Wind hier am Ende des Tals in ein leichtes Lüftchen verwandelt. Eng stehen die Tannen beisammen, irgendwo murmelt ein Bach. Über die Brücke wäre unsere Spur weitergegangen. Offenbar möchte Emanuel etwas mehr Bewegung ins Geschehen bringen, und so führt er uns in einer Schleife durch dichtes Unterholz, bis es buchstäblich nicht mehr weiter geht. Zurück und den Bach weit weg von der Brücke überquerend findet er wieder den richtigen Weg. Die aufsteigende Sonne und die zunehmend steilere Spur bringen uns ins Schwitzen. Auf der nächsten Talstufe erreichen wir ein Bergdorf wie aus dem Bilderbuch: Fahnenalm. Hier geht der Lärchenwald in schroffe Felsen über. Wie mit dem Messer geschnitten ragen die Schneegipfel in den blauen Himmel. Welche Pracht! Geschützt vom Wind lehnen wir an die Stallwand und verpflegen uns. Emanuel macht eine intensive Studie der handwerklich genialen Dachrinne. Steil geht es weiter zwischen niedrigen Lärchen, dem Gipfel entgegen. Die 6er Frauengruppe, mit der wir fast gleichzeitig gestartet sind, kommt uns bereits auf der Abfahrt entgegen, wobei nicht alle einen glücklichen Eindruck machen … „che brutto“ … im meterhohen Pulverschnee so zwischen Bach, Bäumen und Steilhang. Wir verschwenden keine grossen Gedanken, wie wir da wieder hinunterfahren werden, schliesslich ist das Emanuels Problem! Nach 5 Stunden Aufstieg baut Emanuel zwei giftige Spitzkehren in den für heute letzten Hang. Das Panorama in der Nachmittagssonne ist gewaltig. Der viele Pulverschnee, der den Aufstieg etwas beschwerlich machte, kommt uns jetzt zugute. Was für Spuren zeichnen wir in die steilen Abhänge, engere und weitere Schwünge reihen sich aneinander! Und natürlich hat Emanuel schöne Hänge für die Talfahrt gefunden, elegant umfahren wir das enge „che brutto“ Steilstück im Walde. Das letzte Stück „brettern“ wir auf dem Schlittelweg hinunter und machen Halt in der Jausestation.
Später im Hotel sprechen wir dem Kaffee-und-Kuchen Buffet zu; natürlich erst nach dem obligatorischen Radler an der Bar. Frisch gestärkt mit dem feinen Nachtessen streben wir auf die Zimmer; immer bewusst, dass uns am kommenden Tag wiederum eine grosse sportliche Herausforderung bevorsteht. Schliesslich sind wir ja hier nicht in einem Ferienlager!
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